Playstation VR 2 ist die VR-Brille, die VR-Gaming endlich groß und erfolgreich machen kann. Wie kommt’s?
Dieser Artikel erschien zuerst auf MIXED.de.
Virtual Reality steckt in einer merkwürdigen Phase: Die Hardware wird zwar immer besser, es kommt aber immer weniger gute Software. Das gilt insbesondere für hochwertige VR-Spiele und die Playstation VR kann ein trauriges Lied von ausbleibenden Inhalten singen.
Das kann und soll sich jetzt ändern, wenn es nach Sony geht: Mit Playstation VR 2 soll alles besser werden – die Hardware ebenso wie die Spiele, schließlich bedingt Ersteres zu einem gewissen Grad Letzteres.
Geht der Plan auf? Voll, zumindest für den Anfang. Lasst mich euch erklären, warum.
Playstation VR 2 Test in aller Kürze
Die PSVR 2 ist für ihren Zweck, VR-Spiele, nahezu perfekt: Das Bild ist scharf und klar, die Farben satt, das Schwarz wirklich schwarz. Die Bedienung der VR-Brille ist denkbar einfach und die VR-Controller sind endlich richtig gut. Mit grandiosen VR-Spielen wie Horizon Call of the Mountain zeigt sich ein immenses Potenzial, das bisher PC-VR vorbehalten war. Jetzt nicht mehr: Vorausgesetzt, dass regelmäßig großartige AAA-VR-Spiele für Playstation VR 2 erscheinen, ist ein PC für VR-Spiele völlig überflüssig.
Die bisher gepriesene Perfektion wird jedoch durch ein erhebliches Problem geschmälert, das von der Kopfform der Nutzenden abhängt: Der Tragekomfort ist anfangs wunderbar, aber bei mir entstehen nach etwa einer Stunde sehr unangenehme Druckstellen an der Stirn. Leider ist das Stirnpolster zum jetzigen Zeitpunkt nicht auswechselbar.
Wenn ihr letzteres Problem nicht habt, ist die PSVR 2 für euch perfekt.
Playstation VR 2 ist für euch geeignet, wenn …
Playstation VR 2 ist für euch weniger geeignet, wenn …
Konfiguration, Passthrough, Augenabstand & Eye-Tracking
Zugänglichkeit ist das A und O für VR-Brillen. Ein Grund für den Erfolg der Quest 2 ist die einfache Bedienung: Einschalten, aufsetzen, in Sekundenschnelle in der gewünschten Anwendung sein und diese problemlos genießen.
Bei PSVR war das bisher nicht der Fall – zu nervig das Kabelgewirr, zu anfällig Tracking und Move-Controller. Sonys zweiter Versuch behebt all diese Probleme und noch ein paar mehr.
Denn die Playstation VR 2 lässt sich supereinfach anpassen. Ein dünnes USB-C-Kabel wird vorne in die PS5 gesteckt und los geht’s: Das Set-up startet auf dem Fernseher und führt mich Schritt für Schritt unter die VR-Brille. Alles wird minutiös und sinnvoll begleitet, zum Beispiel wenn ich per Passthrough nach den deutlich gekennzeichneten Sense-Controllern greife.
Das Passthrough kommt über die vier Inside-Out-Trackingkameras, ist monochrom und von guter Qualität. Rauschen oder Körnung sind längst nicht so auffällig wie bei der Quest 2. Um Inhalte auf Displays lesen zu können, muss ich allerdings nah heran oder Display und Inhalt müssen entsprechend groß sein.
Mixed-Reality-Inhalte sollten also auch möglich sein. Für die Orientierung im physischen Raum – ich schalte das Passthrough über einen Knopf an der Unterseite der VR-Brille ein – ist die Durchsicht optimal geeignet.
Die Einstellung des VR-Spielbereichs erfolgt über einen Kamera-Scan. Das daraus resultierende „Spielfeld“ kann ich dann einfach mit den VR-Controllern anpassen. Die PSVR 2 kann ich natürlich auch bequem im Sitzen verwenden, wenn das jeweilige VR-Spiel es zulässt.
Im PSVR-2-Headset wird dann der Augenabstand eingestellt: Ein Schema der VR-Brille zeigt die Linsen und darin meine vom Eye-Tracking nachverfolgten Augen als Kreise. Mit einem Einstellrad links oben am Headset-Gehäuse passe ich den Linsenabstand an, bis meine Augenkreise auf dem Display blau leuchten: Der Abstand passt. Dieser Prozess sollte Standard bei VR-Brillen sein.
Danach wird das Eye-Tracking kalibriert, ich verfolge einen Punkt mit den Augen über mehrere Positionen. Das Eye-Tracking funktioniert einfach perfekt und kann etwa in den Menüs und Dialogen von Horizon Call of the Mountain als Auswahlhilfe verwendet werden: Menü- oder Interaktionspunkt anschauen, X drücken, fertig.
PSVR 2: Auflösung, Farben, Bildwiederholrate, Sichtfeld & Sweetspot
Die OLED-Displays mit göttlichen Schwarzwerten (nicht nur Horrorfans werden diese Dunkelheit lieben!) lösen mit 2.000 x 2.040 Pixeln pro Auge auf. Es ist aber nicht wichtig, ob eine VR-Brille 200 Pixel mehr oder weniger aufs Papier bringt: Der Gesamteindruck in den Anwendungen ist entscheidend.
Mein Bildeindruck ist hervorragend: Bei VR-Spielen wie Horizon, Demeo und Kayak VR ist das Bild so klar, scharf und detailliert, wie ich es bisher nur von den besten VR-Spielen für PC-VR kenne.
Das liegt auch am Foveated Rendering: Nur das Bild im Fokus wird in voller Auflösung dargestellt. Das spart zugleich Ressourcen. In meinem Test hat das durchgehend perfekt funktioniert – auch in den hektischen und effektreichen Situationen von Horizon Call of the Mountain war die Performance stets perfekt. Die Bildwiederholrate von 90 bis 120 Hz sorgt für ein flüssiges, ruhiges und angenehmes Bild.
Die Farbdarstellung ist satt und gleichmäßig, Farbunterschiede in den Pixeln (Mura) oder Schmiereffekte in Bewegung habe ich zu keinem Zeitpunkt feststellen können. Wie schon erwähnt ist Schwarz dank der OLED-Displays wirklich schwarz.
Sony setzt leider weiter auf Fresnellinsen, anstelle moderner Pancake-Linsen (siehe etwa Quest Pro). Immerhin sind es verbesserte Linsen: God-Rays sind mir in meiner Testzeit nicht aufgefallen. Glare, also ein Strahlenkranz um helle Objekte, finde ich etwa in Menüs bei kontrastreichen Text-Darstellungen (Weiß auf Schwarz). Das hält sich aber meiner Ansicht nach in einem vertretbaren Rahmen, zumindest im Sweetspot der Linsen. In VR-Spielen tritt das völlig in den Hintergrund und ich muss schon bewusst danach suchen, damit es auffällt.
Der Sweetspot ist groß genug: Ich kann die PSVR 2 zwischendurch etwas zurechtrücken oder verschieben, wenn der Druck auf die Stirn unangenehm wird. Durch die Fresnellinsen nimmt die Schärfe zu den Rändern hin ab und die Unschärfe zu. Das ist aber ebenfalls in einem akzeptablen Rahmen und fällt in VR-Spielen kaum auf.
Das Sichtfeld ist mit 110 Grad im üblichen Bereich von VR-Brillen, wirkt aber durch Linsenform und den verstellbaren Abstand zum Gesicht teilweise größer. Wer etwa keine Brille unter der PSVR 2 tragen muss (Brillen passen übrigens bequem darunter), kann die Linsen sehr nah ans Gesicht heranholen, was für einen großen Sichtfeldeindruck sorgt.
Playstation VR 2: Tracking & Sense Controller
Endlich echtes Tracking für die Playstation: Vier Inside-Out-Kameras verfolgen etwa die neuen Sense-Controller. Das funktioniert sehr gut. Ein paar Mal brach das Headset-Tracking ab, weil in meinem Wohnzimmer ohne Tageslicht eher gemütliche Lichtverhältnisse herrschen. Eine Trackinghilfe für die Kameras kann am Fernseher zugeschaltet werden (ein spezielles Bild zur Unterstützung der Kameras), ich brauchte das bisher allerdings nicht.
Auch die Nachverfolgung der Sense Controller funktioniert einwandfrei. Nur selten verzeichnete ich Trackingaussetzer und fast ausschließlich bei Bewegungen der VR-Controller aus dem Sichtfeld der Kameras, etwa wenn ich zu lange oder wiederholt hektisch über die Schulter greife. Aussetzer beim Bogenschießen in Horizon, die ich bei meinem Anspieltermin bei Sony hatte, sind hingegen in meiner Testphase gar nicht mehr aufgetreten.
Die Akkulaufzeit beträgt etwa fünf bis sechs Stunden, Aufladen geht ziemlich flott und dauert nur rund 30 Minuten bis eine Stunde.
Die Sense Controller liegen ausgezeichnet in den Händen und die Bedienung der klassischen Playstation-Buttons sowie der Analogsticks funktioniert ganz intuitiv. Gleichwohl rutschen die Controller in sehr aktiven Spielen manchmal etwas und bei gewissen Bewegungen und gleichzeitiger Button-Nutzung in Horizon Call of the Mountain komme ich immer mal wieder auf den Playstation-Knopf und lande mitten in der Action im Menü.
Die Haptik-Features der Sense Controller sind fantastisch: Adaptive Trigger sowie feine, differenzierte Vibrationshaptik bringen deutlich mehr Immersion ins Spiel. Haptische Unterstützung kommt auch über die Stirnauflage der Halo-Kopfhalterung, die einen Vibrationsmotor beinhaltet. In VR-Spielen kommt das gut, etwa wenn über mir in Horizon Call of the Mountain ein Maschinen-Dino entlang trampelt und die Vibration am Kopf die Druckwelle simuliert. Allerdings wurden dadurch offenbar auch Zugeständnisse an den Tragekomfort gemacht.
PSVR 2: Tragekomfort
Drücke ich den Knopf am hinteren Ende der Halo-Kopfhalterung, kann ich die Halterung weit auseinanderziehen und die PSVR 2 leicht auf den Kopf setzen. Mit dem Einstellrad am Hinterkopf ziehe ich die Halterung fest. Den Visor, also die Brillenfront, schiebe ich auf Knopfdruck an mein Gesicht heran. Das ist schon bei der ersten PSVR genial gewesen und bleibt es weiterhin. Eine leichte Gesichtsmaske aus Gummi sorgt für Lichtausschluss.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber der Tragekomfort ist trotzdem ein Problem für mich. Die PSVR hat eine der bequemsten Kopfhalterungen überhaupt und Sony tat gut daran, die Halo-Halterung für die PSVR 2 wiederzubringen. In den ersten 45 bis 60 Minuten ist sie auch wunderbar komfortabel und wer die richtige Kopfform hat, wird wohl auch weit darüber hinaus keine Probleme haben.
Bei mir entstehen nach einer Stunde aber an der Stirn genau zwei Druckstellen, die sehr unangenehm sind. Direkt an den „Stirnecken“ drückt die Stirnhalterung unabhängig von der Festigkeit, die ich über das Einstellrad an der Halo-Halterung wähle, so stark, dass diese Druckstellen noch lange nach einer VR-Session sicht- und teilweise auch fühlbar sind.
Das liegt möglicherweise an dem verhältnismäßig starren und ungepolsterten Innenleben hinter der Silikon-Stirnauflage. Zwischen Silikon und dem fühlbaren Kunststoffgitter oder Haptik-Elementen befindet sich kein Schaumstoff oder Schwamm, wahrscheinlich um die Vibrationshaptik besser zu transportieren. Das sorgt aber auch für recht harte Bereiche dieser Konstruktion, die in Verbindung mit dem Gewicht des Visors auf meine Stirnknochen drücken und auf Dauer zu sehr unangenehmen Druckstellen führen.
Wie das neue Stirnpolster beschaffen ist, seht ihr teilweise im Video von Sony, in dem die Playstation VR 2 komplett auseinandergenommen wird (Video startet an der Stelle, an der die Stirnhalterung zerlegt wird).
Ich habe für dieses Problem bislang keine Lösung gefunden. Zwar kann ich den PSVR 2 in begrenztem Maße etwas verschieben oder zurechtrücken, aber das hilft immer nur für kurze Zeit. Ich hoffe, dass es in Zukunft austauschbare Polster gibt.
Ich hätte hier gut auf die Haptik-Spielerei am Kopf verzichten können und die deutlich bequemere ursprüngliche Kopfhalterung der PSVR vorgezogen.
Sound & Software
Der Ton wird über die Klinkenbuchse auf der Rückseite des Halos eingespeist. Offene Lautsprecher wären zwar schön gewesen, aber wenn man wie ich direkt vor dem Fernseher und der Soundanlage spielt, ist das kein Problem. Wer voll eintauchen will, nimmt Kopfhörer oder die mitgelieferten In-Ear-Ohrhörer, die an einer ebenso praktischen wie cleveren Halterung direkt am hinteren Halo befestigt sind. Das hat Sony optimal gelöst.
Wer sich mit der PS5 auskennt, kommt super mit der Software zurecht, alle anderen lernen es schnell. Über die Zubehör-Einstellungen können andere Nutzer:innen das Eye-Tracking schnell und einfach konfigurieren. Auch der Spielbereich und viele andere Einstellungen können jederzeit geändert oder angepasst werden. Aber: Achtet darauf, wem ihr eure PSVR 2 überlasst.
Wer möchte, kann Flat-Games, Filme und Videos (Achtung: 3D-Blu-Ray wird meines Wissens nach nicht unterstützt!) mit der PSVR 2 im Kino-Modus auf einer großen virtuellen Leinwand spielen. Allerdings beträgt die maximale Auflösung hier nur 1080p.
Playstation VR 2 und Datenschutz
Sony macht in den Nutzungsbedingungen klar, dass Daten verwendet und auch an Dritte weitergegeben werden können. Vieles davon ist Standard, etwa bei der Nutzung der mit einem Log-in verbunden Services, etwa dem Playstation-Store. In den Geräteeinstellungen der Playstation 5 gibt es hier zu Wahlmöglichkeiten, etwa die Einwilligung oder Ablehnung für die Verarbeitung personenbezogener Inhalte.
Sony ist bislang nicht durch Datenschutz-Skandale aufgefallen und hält sich zumindest meines Wissens nach an europäisches sowie Länderrecht. Gleichwohl muss jedem klar sein, dass auch hier und insbesondere durch die Nutzung von VR-Brillen mehr persönliche Daten als üblich anfallen und verarbeitet werden können.
Playstation VR 2 Test-Fazit: Diese VR-Brille kann VR-Gaming endlich groß machen
Fangen wir mit dem Negativ-Punkt an: Der Tragekomfort kann für manche Menschen ein Problem darstellen. Warum hier nicht wenigstens ein austauschbares Polster für die Kopfhalterung konzipiert wurde, ist mir ein Rätsel. Überhaupt müssen noch einige VR-Brillen-Hersteller aufwachen: „One Size fits all“ funktioniert bei VR-Brillen nicht, dafür sind Köpfe und Kopfformen zu unterschiedlich. Deshalb muss gerade bei Kopfhalterungen und Gesichtsmasken Modularität und Austauschbarkeit möglich sein.
Abgesehen davon ist die Playstation VR 2 eine hervorragende VR-Brille, die die Chance hat, VR-Spiele endlich massentauglich in die Wohnzimmer zu bringen. Während Quest 2 keine grafisch aufwendigen Spiele zulässt und PC-VR deutlich zu teuer und komplex ist, sind mit PSVR 2 und PS5 nun für rund 1.100 Euro grandiose VR-Spiele möglich.
Horizon Call of the Mountain beweist, dass Half-Life: Alyx kein VR-Einhorn ist und detailreiche, fantastisch aussehende VR-Spiele mit PS5 und PSVR 2 problemlos möglich sind. Wozu noch einen PC kaufen, der Platzprobleme mit sich bringt, umständlich konfiguriert werden muss und je nach Grafikkarte unverschämt teuer ist?
Warum sich Sony für Fresnellinsen und gegen die leichteren Pancake-Linsen entschieden hat, bleibt ein Rätsel. Trotzdem ist das Bild für den Einsatzzweck exzellent. Fast noch wichtiger ist aber die Zugänglichkeit: Playstation 5 einschalten, PSVR 2 einschalten, aufsetzen, Spiel auswählen, fertig. Schneller und einfacher geht es derzeit kaum.
Ein weiterer großer Pluspunkt der Playstation VR 2: Andere können bequem auf dem Fernseher zuschauen, was VR-Gaming sozialer macht. Was bei Quest und PC-VR entweder nur schlecht oder nur auf dem PC-Monitor oder über spezielle Konfigurationen möglich ist, ist hier Standard und ein wichtiger Baustein für die wachsende Akzeptanz von VR-Brillen gerade im Wohnzimmer.
Alles in allem bin ich von der PSVR 2 begeistert. Jetzt muss Sony „nur“ noch regelmäßig und vor allem langfristig tolle VR-Spiele herausbringen. Ich bin mir sicher, dass die PSVR 2 Virtual Reality dann nicht nur einen neuen Frühling bescheren wird: VR kann mit dieser VR-Brille endlich richtig im Gaming ankommen und von einer teilweise interessanten Nischentechnologie zu einer ernstzunehmenden und lukrativen Größe auf dem Unterhaltungsmarkt werden.
Ich selbst muss nur noch herausfinden, wie ich die Druckstellen auf der Stirn verhindern kann.