Borderlands 4 war ein echter Kracher bei der ONL 2024. Wie sich das Spiel nach dem Release geschlagen hat und was ich nach rund 70 Stunden Spielzeit sagen kann, erfahrt ihr hier.
Wenn ihr Borderlands 3 oder Tiny Tina’s Wonderlands gespielt habt, wisst ihr, was euch erwartet: chaotische Kämpfe, tonnenweise Loot und der ikonische Comic-Look. Mit Borderlands 4 bleiben Gearbox und 2K dieser Linie treu, ohne das Rad komplett neu zu erfinden. Gleichzeitig bringen sie genug frische Features, um die Serie spürbar voranzubringen. Nach rund 70 Stunden Spielzeit kann ich sagen: Das hier ist der bisher rundeste Teil der Reihe – mit ein paar Einschränkungen.
Gameplay: Bekannte Wurzeln, neue Freiheit
Das Herzstück bleibt das Gunplay – schnell, wuchtig und chaotisch. Doch diesmal spielt sich alles dynamischer. Der neue Greifhaken ist ein Gamechanger: Ihr erreicht Ebenen, die früher unzugänglich wirkten, oder zieht euch mitten im Kampf schnell in Deckung. In Kombination mit der neuen Gleit-Funktion fühlt sich Bewegung zum ersten Mal wirklich dreidimensional an.
- Hinweis: Den Greifhaken könnt ihr sogar durch die verschiedenen Kammern im Spiel deutlich verbessern.
Ich habe mich mehr als einmal dabei erwischt, das Fahrzeug stehenzulassen und lieber von einer Klippe ins nächste Tal zu segeln. Der Vorteil: Ihr bleibt auch nicht ständig, wie mit dem Auto, irgendwo am Zaun hängen – kommt dafür aber auch nicht so weit.
Nicht jede Felswand ist allerdings ein Greifpunkt und das ist meiner Meinung nach auch gut so. Sonst würde der typische Borderlands-Entdeckergeist verloren gehen. So bleibt ein Stück Rätseln und Suchen erhalten, wenn ihr etwa nach versteckten Loot-Kisten Ausschau haltet. Meist findet ihr bei größeren Felsen irgendwo eine versteckte Wand, an der ihr hochklettern könnt. Irgendwie klappt das dennoch immer.
- Der Metascore liegt bei Borderlands 4 aktuell bei 81, basierend auf 88 Reviews. Der User Score liegt hingegen bei 4.4 und geht aus 625 Bewertungen hervor.
Auch im Koop bringt Borderlands 4 ein wichtiges Komfort-Feature: die Schnellreise zu Teammitgliedern. Habt ihr euch verlaufen oder hängt fest, springt ihr per Menü direkt zum Mitspieler. Besonders praktisch bei Freund:innen, die ein Gespür für versteckte Kisten haben und euch sonst lange durch halblegale Kletterrouten lotsen würden. Ich habe die Funktion mehrfach benutzt und mir so einige Wutausbrüche erspart.
- Hinweis: Die Schnellreise zu Teammitgliedern ist übrigens auch sinnvoll, wenn ihr im Bosskampf sterbt und zu weit entfernt respawnt. Bevor der Boss also stirbt, reist schnell zur Truppe zurück.
Borderlands 4 Review: Koop, Crossplay und mehr
Meiner Meinung nach heutzutage nicht zu vernachlässigen: Crossplay. Da ich Borderlands schon immer mit Freund:innen gemeinsam gespielt habe, war dieser Punkt besonders wichtig. 2K hat glücklicherweise früh verkündet, dass Crossplay bereits beim Release verfügbar ist und das ohne große Probleme. Ihr müsst demnach nicht lange überlegen, auf welcher Plattform ihr das Spiel kauft.
- Nicht alle Spiele kommen zum Release mit Crossplay. Dying Light: The Beast verzichtet darauf und lässt Spieler:innen nur auf der gleichen Plattform zusammenspielen.
Zusätzlich habt ihr in Borderlands 4 die Möglichkeit, den Ingame-Voice-Chat zu nutzen. Möchtet ihr also nicht auf externe Programme wie Discord zurückgreifen, könnt ihr das ganz bequem über die Einstellungen regeln. Eine weitere nützliche Einstellung für den Koop-Modus: Ihr könnt eure Beute entweder so aufteilen, dass jede Person ihren eigenen Loot erhält oder aber ihr nach dem Prinzip spielt „Wer zuerst kommt, malt zu erst“. Ich persönlich bin Fan von eigenem Loot, da man sich beim Aufsammeln nicht stressen muss und es entsprechend keine Streitereien gibt.
Progression & Komfort: Mehr Qualität, weniger Umwege
Borderlands 4 spart euch diesmal unnötige Laufwege. Statt ins Schiff zurückzukehren, könnt ihr euer Inventar, Munition oder Mods direkt im Menü anpassen. Das macht das Spiel flüssiger und moderner und sorgt dafür, dass ihr mehr Zeit im Kampf verbringt, statt eure Basis nach den passenden Maschinen abzuklappern. Natürlich gibt es wieder die bekannte Lost-Loot und eine Respec-Maschine, allerdings können SDUs ganz simpel von jedem Ort aus gekauft werden.
Auch das Skill-System ist überarbeitet. Statt kleiner, oft nutzloser Perks setzt Borderlands 4 stärker auf spürbare Boni. Neue Skills beeinflussen das Gameplay direkter: Von verbesserten Kombos über Elementar-Ketteneffekte bis hin zu Mobilitäts-Boosts. Dadurch fühlt sich jeder Levelaufstieg relevanter an als noch im Vorgänger. Dennoch muss ich sagen, dass besonders die ersten 15 bis 20 Level noch eine Art Probe sind. Bei Harlowe geht es beispielsweise erst so richtig mit Stufe 16 los, sobald ihr den Action-Skill „Feldforschung“ freischaltet. Hier erhaltet ihr pro getöteten Gegner Action-Abklingzeit zurück.
- Mit Stufe 50 und der richtigen Ausrüstung erholt sich euer Action-Skill so schnell, dass ihr diesen alle paar Sekunden auslösen könnt.
Die Loot-Spirale bleibt das, was Borderlands ausmacht. Waffen sind erneut absurd kreativ, von knallbunten Pistolen bis hin zu Sturmgewehren mit Elementar-Munition oder Schildern, die euch schlüpfrige Dinge zurufen. Gleichzeitig ist die Drop-Rate ausgewogener: Epische Waffen sind nicht mehr ganz so inflationär, wodurch seltene Funde mehr Gewicht haben. Diese Änderung hat bei mir zu Beginn für Frust gesorgt, da ich als absolutes Loot-Näschen mit Freude legendäre Waffen gesammelt habe. Hat man sich einmal dran gewöhnt, ist die Freude über einen guten Drop umso größer.
Story & Humor: Weniger albern, mehr Ernst
Die Story ist im Kern typisch Borderlands: Böse Schurken, noch bösere Kreaturen und eine Truppe Kammerjäger:innen, die irgendwo zwischen Heldentum und Wahnsinn pendeln. Neu ist, dass die Erzählweise ernster wirkt. Viele Fans empfanden Borderlands 3 als zu albern – Teil 4 schraubt entsprechend den Humor zurück.
Ganz ohne Witz funktioniert die Reihe aber nicht. Ich hatte einige Highlights, etwa den Psycho ohne Beine, der im nordischen Dialekt erklärt, warum seine „Latschen“ oder auch „Stumpen“ (also seine Beine) abgehauen sind. Solche Szenen sind seltener geworden, bleiben aber im Gedächtnis. Wer den überdrehten Slapstick der Vorgänger mochte, wird das ein Stück weit vermissen. Dafür gewinnt die Story an Gewicht und lässt Platz für mehr Atmosphäre.
Borderlands 4: Balance zwischen Nebenmissionen und Hauptquest
In Borderlands 4 greift die Balance zwischen Haupt- und Nebenmissionen nahtlos ineinander. Während euch die Hauptkampagne mit packenden Story-Momenten und großen Kämpfen vorantreibt, bieten die Nebenmissionen genau den richtigen Kontrast. Sie erweitern die Welt um spannende Hintergrundgeschichten, überraschende Wendungen und teils auch schräge Charaktere, die ihr im Verlauf immer wieder trefft.
Dadurch fühlt sich keine Aufgabe wie bloßes Füllmaterial an, sondern wie ein sinnvoller Bestandteil des Abenteuers. Wer das Maximum aus seiner Ausrüstung herausholen möchte, sollte zuerst die Hauptstory abschließen und anschließend die Nebenmissionen gezielt angehen – so profitiert ihr doppelt. Mir hat die Nebenquest „Fleisch ist Mord“ besonders gut gefallen, da ihr nicht nur mehrere Gegnerwellen erledigen musstet, sondern mit dem Verschwinden von Harper auch noch ein Rätsel dazubekommen habt.
Technik: Zwischen Patch und Potenzial
Technisch startete Borderlands 4 holprig. Auf meinem PC mit solider Mittelklasse-Grafikkarte gab es in den ersten Tagen klare Probleme:
- Action-Skills führten zu spürbaren FPS-Drops.
- Schnellreisen waren von Rucklern begleitet.
- Shader-Optimierungen dauerten und dauern weiterhin oft extrem lang.
- Texturen & Schatten bauten sich teils erst nach Sekunden sauber auf.
Für ein Spiel, das optisch zwar stylisch, aber nicht High-End ist, war das überraschend. Besonders ärgerlich: Gerade im Koop, wenn Effekte geballt auftreten, sank die Performance merklich.
Allerdings muss man 2K zugutehalten, dass schnell reagiert wurde. Schon wenige Tage nach Launch gab es einen großen Patch, der viele Probleme deutlich entschärfte. Seitdem läuft das Spiel stabiler, wenn auch nicht perfekt. Kleinere Grafikbugs tauchen noch auf und große Kämpfe bringen die Hardware gelegentlich ins Schwitzen.
Auf Konsolen wirkt das Erlebnis stabiler, auch wenn dort die Auflösung nicht immer messerscharf bleibt und in intensiven Szenen die Framerate etwas nachgibt. Dennoch: Wer auf PS5 oder Xbox Series spielt, muss aktuell weniger Kompromisse hinnehmen.
Die Open World überzeugt technisch vor allem mit ihrer Weitsicht. Hohe Gebiete geben tolle Ausblicke auf die bunte Comic-Landschaft.
Die Kammerjäger: Vier Helden, vier Spielstile
Zum Start von Borderlands 4 stehen euch wieder vier Kammerjäger zur Auswahl – und jeder bringt einen klar unterscheidbaren Spielstil mit. Nach einigen Stunden im Koop kann ich sagen: Die Unterschiede wirken sich deutlicher aufs Gameplay aus als noch in Borderlands 3.
Harlowe
Meine Wahl fiel auf Harlowe, die in vielen Foren als einer der komplexeren Charaktere gilt. Ihre Action-Skills setzen auf Energiekugeln, Explosionen und massiven Flächenschaden. Mit der richtigen Skillung sinkt die Abklingzeit irgendwann so weit, dass ihr den Skill fast durchgehend einsetzen könnt. Das fühlt sich extrem mächtig an – allerdings dauert es gut 20 Level, bis Harlowe ihr volles Potenzial entfaltet.
Wer sich die Zeit nimmt, wird mit einem aggressiven, explosiven Spielstil belohnt. Wichtig: Setzt konsequent auf Elementarschaden und rüstet passende Waffen aus. Spielerisch glänzt Harlowe damit, dass sie enormen Druck auf Gegnergruppen aufbauen kann, ohne dabei hektisch zu wirken – sie wirkt im Kampf cool und lässig, macht aber enormen Schaden.
Vex
In meiner Gruppe hat sich jemand für Vex entschieden – eine Sirene mit einem besonderen Twist. Statt klassischer Zauberkräfte beschwört sie in einem ihrer Skilltrees sogenannte Schnitter. Diese Helferlinge übernehmen einen Teil eurer Arbeit, teilen ordentlich Schaden aus und lenken Gegner ab. Im Gefecht sind sie Gold wert, auch wenn ich sie anfangs öfter mit Feinden verwechselt habe. Vex spielt sich dadurch taktischer: Ihr haltet Abstand, während eure Schnitter das Chaos auf dem Feld verstärken.
Wenn ihr Borderlands 3 gespielt habt und dort bereits die Sirene gewählt habt, kann sich diese Klasse erneut lohnen. Es gibt komplett neue Fähigkeiten, sodass ihr nicht das Gefühl habt, nur eine leicht veränderte Version von 2019 zu spielen.
Rafa
Rafa ist der schnelle, wendige Kammerjäger. Er kombiniert hohen Schaden auf Distanz mit blitzschnellen Nahkampfangriffen. In den richtigen Händen räumt er innerhalb von Sekunden ganze Gruppen leer, ohne selbst Schaden einzustecken. Die Kehrseite: Seine Geschwindigkeit kann ihn auch in Schwierigkeiten bringen – explosive Fässer oder Fallen übersieht man leicht, wenn man permanent im Sprint ist.
Rafa richtet sich klar an Spieler:innen, die aggressive, aber riskante Playstyles lieben. Würde ich einen zweiten Kammerjäger spielen, würde ich definitiv zu Rafa tendieren.
Amon
Last but not least ist da Amon, der Brecher im Team. Mit seinen Äxten ist er prädestiniert für Nahkampfangriffe, kann aber auch solide auf Distanz kämpfen. Ab einem gewissen Level lassen sich die Äxte sogar losschicken, um selbstständig Schaden auszuteilen – das gibt ihm eine interessante Hybrid-Rolle zwischen Frontkämpfer und Beschwörer. Wer ein Mittelding zwischen Panzer und DPS sucht, wird bei Amon fündig.
- Hinweis: Obwohl Amon vergleichsweise groß ist, hatten wir nicht das Gefühl, dass er eine größere Hitbox als die anderen Charaktere hat. Ihr könnt demnach auch kleinere Passagen mit Leichtigkeit schaffen.

Fazit des Reviews: Vertraut, aber spürbar gewachsen
Borderlands 4 ist kein radikaler Neuanfang, sondern eine konsequente Weiterentwicklung. Ihr bekommt:
- Mehr Bewegungsfreiheit durch Greifhaken & Gleiten.
- Mehr Komfort durch verbesserte Menüs & Schnellreisen.
- Mehr Tiefe im Skill- und Loot-System.
- Eine riesige Open World, die beeindruckt.
Auf der anderen Seite gibt es weniger Humor und noch nicht ganz ausgereifte Technik. Doch unterm Strich fühlt sich Borderlands 4 wie der bisher stärkste Teil der Reihe an – vertraut, chaotisch, aber auch gewachsen. Auch die Steam-Nutzerrezensionen zeigen mittlerweile, dass das Spiel, besonders nach dem ersten Patch, einiges richtig macht.
Übrigens: Die 70 Stunden Spielzeit beziehen sich auf die Hauptmission, das Abschließen der Kammern sowie viele der Nebenmissionen. Zudem habe ich das Gebiet zu 95 Prozent aufgedeckt. Ihr könnt nach dem Abschließen der Story jedoch mindestens nochmal so viel Zeit investieren. Euch erwarten weitere Nebenquests, weitere Bosse und ein höherer Schwierigkeitsgrad. In den nächsten Monaten kommen zudem mehrere DLCs mit neuen Kammerjägern und weiteren Storys hinzu.