Was euch in Obsidians neuestem Rollenspiel erwartet und warum Rollenspielfans hier bedenkenlos zuschlagen können, erfahrt ihr in unserem Test zu Avowed.
Mit Avowed bringt Obsidian Entertainment ein Rollenspiel auf PC und Xbox, das sich klar auf seine Stärken konzentriert: Story, Erkundung und actiongeladene Kämpfe. In der Welt von Eora müsst ihr euch nicht mit unnötigem Schnickschnack herumärgern. Ausufernde Sammelorgien oder typische Open-World-Beschäftigungstherapien gibt es nicht. Selbst die lästigen Minispiele zum Schlösserknacken hat euch das Pillars-of-Eternity-Studio erspart.
Stattdessen ist Avowed in vier kompakte Gebiete unterteilt, die man nach Lust und Laune erkunden kann. Die Nebenquests fühlen sich angenehm natürlich an und lassen euch meist tiefer in die ausgefeilte Lore der Spielwelt eintauchen. Mal wird es emotional, mal witzig und manchmal geht es einfach nur auf Schatzsuche. Egal, ob Quests oder freie Erkundung, ich hatte während meines Tests zu Avowed in über 60 Stunden Spielzeit nie das Gefühl, etwas Überflüssiges zu tun.
Avowed im Test: Kleines, aber feines Progressionssystem
Das Klassensystem von Avowed ist angenehm kompakt und offen. Ihr müsst euch nie festlegen und könnt alle Klassen, Fähigkeiten und Waffen wild mischen. Zu Beginn wählt ihr aus einer Handvoll Hintergrundgeschichten, die eure Antwortmöglichkeiten in den unzähligen Dialogen beeinflussen, und verteilt das Startpaket an Attributspunkten. Mit fortschreitendem Spielverlauf erhaltet ihr weitere Attributs- und Fähigkeitspunkte, mit denen ihr euren Spielstil nach Belieben gestalten könnt.

Die Attribute Kraft, Konstitution, Geschicklichkeit, Wahrnehmung, Intellekt und Entschlossenheit bilden das Grundgerüst. Den Feinschliff könnt ihr in den Fertigkeitsbäumen „Kämpfer“, „Waldläufer“ und „Zauberer“ vornehmen. Hier findet ihr aktive und passive Fähigkeiten, die euch mit steigendem Charakterlevel nach und nach zur Verfügung stehen und in ein bis drei Ränge unterteilt sind. Es gibt auch noch zwei weitere Komponenten, auf die ich hier aus Spoilergründen jedoch nicht eingehen möchte.
Avowed lädt mit seinem offenen System eindeutig zum Experimentieren ein, denn das Zurücksetzen aller Punkte ist jederzeit möglich und kostet anfangs nur wenige hundert Münzen. Obwohl es kein offensichtliches Reputations- oder Karmasystem gibt – ihr könnt also alles klauen, was nicht niet- und nagelfest ist – dürft ihr in den Gesprächen Charakter zeigen. Dafür gibt es immer genügend Antwortmöglichkeiten: Vom unhöflichen Rüpel über den rauflustigen Hitzkopf bis hin zum Helden in strahlender Rüstung ist alles dabei. An einigen Stellen habt ihr die Möglichkeit, den Verlauf der Geschichte zu beeinflussen, aber wirklich große Entscheidungen gibt es nur selten.
Echtzeitkämpfe mit taktischer Komponente
Für die Kämpfe stehen verschiedene Waffentypen aus den Klassen einhändiger Nah- oder Fernkampf und zweihändiger Nah- oder Fernkampf zur Verfügung. Dazu gehören unter anderem Zweihänder, Speere, Äxte, Zauberstäbe, Bögen und Pistolen. Welche Waffen ihr wählt und wie sie mit eurem Charakter-Build harmonieren, kann den Kampfverlauf und eure Effizienz stark beeinflussen.

Darüber hinaus gibt es einzigartige Waffen mit Spezialfähigkeiten. Ihr könnt alle Waffen von gewöhnlich zu legendär aufwerten und einige von ihnen verzaubern, um Elementarschaden zu verursachen. Das Kampfsystem ist stets anspruchsvoll, aber nie überfordernd. Die Gegner leveln nicht mit euren Charakteren, sondern haben eine feste Stärke. Es lohnt sich also, bestimmte Gebiete erst ab einem bestimmten Level zu besuchen oder später zurückzukehren.
Die Kämpfe laufen zwar in Echtzeit ab, ihr habt aber jederzeit die Möglichkeit, das Spiel kurz zu unterbrechen und ein Aktionsrad zu öffnen. Während die Zeit stillsteht, wählt ihr aus, ob ihr eine Spezialfähigkeit einsetzen, euch von einem Gefährten heilen lassen oder euch per Item einen Buff gönnen wollt. Dadurch werden die oft hitzigen Gefechte um eine angenehme taktische Komponente erweitert, die euch das Leben gerade bei Bosskämpfen spürbar erleichtert.
Im Test überzeugte mich auch das Parcourssystem von Avowed. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so abwechslungsreich wie in Dying Light 2, rennt, springt und hangelt ihr euch aus der Ego-Perspektive durch die Welt mit ihren zahlreichen Bergen und hohen Gebäuden. Übrigens könnt ihr jederzeit in die Third-Person-Perspektive wechseln, wenn ihr eurem Helden lieber über die Schulter schaut.
Gefährten in Avowed: Freunde für’s Leben
Auf eurer Reise lernt ihr insgesamt vier Begleiter:innen kennen, die jeweils eine der im Land der Lebenden vertretenen Ethnien und gleichzeitig eine der verfügbaren Klassen repräsentieren: Nahkämpfer, Fernkämpfer, Magier und Heiler. Im Laufe eures Abenteuers schaltet ihr für sie spezielle Fähigkeiten frei, die ihr im Kampf über das bereits erwähnte Aktionsrad einsetzt. Da ihr immer nur zwei Begleiter gleichzeitig mitnehmen könnt, müsst ihr also stets abwägen, auf welche Fähigkeiten ihr nicht verzichten möchtet.
Zwar haben alle Begleiter:innen ihre Ecken und Kanten und unterscheiden sich auch im Kampf grundlegend, aber eine Tiefe, wie sie etwas Baldur’s Gate 3 bietet, ist nicht zu erwarten. So gibt es keine Liebesbeziehungen, wenig Interaktion untereinander und auch die speziellen Quests der Begleiter:innen sind eher kompakt, wenn auch gut geschrieben. Nutzt ihr jedoch die vielen optionalen Gespräche, entwickeln sich die Charaktere weiter und bereichern das Spielerlebnis. Auch wenn ich zwischenzeitlich mit einigen Gefährten meine Differenzen hatte, sind sie mir im Laufe der über 60 Stunden, die ich während meines Tests in Avowed verbracht habe, allesamt ans Herz gewachsen.
Test-Fazit zu Avowed: Solide Rollenspielkost, die sehr viel richtig macht
Mit Avowed schickt Obsidian eine handgemachte Rollenspiel-Perle ins Rennen, die sich auf ihre Kernkompetenzen konzentriert. Die Geschichte um einen Fluch, der das Land heimsucht, und einen Gottgesandten mit unklarer Vergangenheit ist solide Rollenspielkost mit angenehmem Spannungsbogen, aber wenigen Überraschungen.
Grafisch ist Avowed zwar nicht auf allerhöchstem Niveau, aber das Land der Lebenden mit seiner fluoreszierenden Flora und pilzartigen Fauna ist eine Augenweide. Klettern, Erkunden und Kämpfen machen Spaß, Neugier und Experimentierfreude werden belohnt. Wer auf der Suche nach einer spannenden neuen Fantasywelt mit umfangreicher Lore, aber geringen Einstiegshürden ist, wird mit Avowed sicher seinen Spaß haben.
S4G-Wertung zu Avowed
Avowed liefert eine wunderschöne Fantasywelt, lädt zur Erkundung ein und konzentriert sich voll auf seine Stärken. Gleichzeitig liefert Obsidian allerdings kaum Neues und bedient sich bekannten RPG-Story-Elementen, um seine spannende, aber etwas vorhersehbare Geschichte zu erzählen. Insgesamt aber eine uneingeschränkte Empfehlung für Action-RPG-Fans.
Avowed ist für euch geeignet, wenn ihr …
- Wert auf eine ausgefeilte Lore legt
- eine stimmige und spannende Story, mit gut geschriebenen Dialogen erleben wollt.
- eine offene Welt sucht, die zur Erkundung einlädt,…
- …aber ohne stupide Open-World-Beschäftigungstherapie auskommt
- solide Action und ein freies Skill-System in Rollenspielen bevorzugt
Avowed ist für euch nicht geeignet, wenn ihr …
- einen klassisches Rollenspiel erwartet.
- eine gigantische zusammenhängende offene Spielwelt sucht.
- ein tiefes Charaktersystem mit unzähligen Skill-Optionen sucht
- auf wichtige Entscheidungsmöglichkeiten vorab hingewiesen werden wollt.
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